Vom
Kasimir Jocher dessen Brief an seinen Bruder ist wie folgt:
Gronn,
den 18. Jänner 1871 Liebster Bruder!
Ich
hoffe ich werde dich in bester Gesundheit antreffen, mit Freuden
schreibe
ich
dir etliche Zeilen, weil auch du mich mit deinen zwei Briefen
sehr
erfreut
hast, wo du vielleicht meinst ich habe dich ganz vergessen, weil
du
schon
den ersten Brief im November geschrieben hast und nie eine
Antwort
bekommen
hast, indes aber nicht so ist, wie du vielleicht meinst, ich
habe
deine
zwei Briefe am 15. Jänner bekommen
Ich
war zwar verhofft da es zwei
Briefe
gewesen sind. Ich hab wohl schon öfters schreiben wollen, hab
aber
keine
Adresse von dir gewusst. Und ich hab mir auch gedacht du weißt
meine
Adresse
nicht. Dies hat mich sehr gefreut, dass ich wieder von meinen
Geschwistern
ein Brieflein bekommen hab und zwar vom jüngsten. Hab auch darin
gelesen,
dass du auch noch gesund bist und auch meinst dass es dich auch
bald
treffe,
dann sind wir zu 4. im Felde heraus und der erste war ich und
hab
auch
am meisten mitgemacht, neues könnt ich dir vieles schreiben aber
da
könnte
ich gar nicht anfangen.
Ich
will dir nur das notwendigste schreiben. Ich war in der Schlacht
bei Wörth
am
6. August bei Sedan wo es 3 Tage gedauert hat und wir 80 Tausend
Gefangene
gemacht
haben und dann wieder am 10. u. 12. Oktober bei Orleans und dann
wieder
am 9. u. 18. 21. u. 29. November und dann wieder am 7. 8. u. 9.
Dezember,
diese Gefechte u. Schlachten hab ich alle durchgemacht mein
lieber
Bruder
und noch immer Gott sei Dank noch immer gesund u. glücklich
durchgekommen
bis hierher. Von Marschieren, Biwakieren und Hungerleiden, da
schreib
ich gar nichts, das laß ich beiseits, an dieses denk ich gar
nicht
mehr.
Vom Bruder Xaver kann ich dir schreiben, dass ich Ihn in Sedan
und am
2.
November gesehen und mit Ihm gesprochen habe und dass er am 2.
Dezember
verwundet
wurde wie ich schon von anderen Kameraden erfahren habe.
Von
Bruder Johann kann ich dir schreiben, dass ich Ihn in Orleans
getroffen
und
mit Ihm gesprochen habe wo er 14 Tage war und dann ins Spital
gekommen
ist
und der Johann Deininger, jetzt weiß ich seit der Zeit nichts
mehr von
Ihm.
Ist er noch im Krankenhaus oder gestorben oder ist er nach
München
gekommen
oder gefangen worden. Den damals haben die Franzosen die nicht
fest
krank
waren gefangen und das kann Ihm leicht passiert sein. Ich erfrag
ihn
nirgends
beim Regiment nicht und bei der Companie nicht und seine
Kameraden
wissen
auch nichts, drum kann ich dir keinen gewissen Grund schreiben.
Und
jetzt bin ich seit 10. Dezember vor Paris fünf Stunden wo Tag
und Nacht
immer
Kanonenfeuer ist, aber nicht nahe beim Feind, da sind schon die
Preußen
und das Bayerische 2. Armeekorps sind dort als Besatzung das
erste
Armeekorps,
wenn die Franzosen einen tüchtigen Ausfall machen, dass wir
gleich
da sind.
Zu
deinem Namensfeste wünsche ich dir Glück, dass du diesen Tag
noch oft und
gesund
erlebst undc stets zufrieden sein mögest, besonders wünsche ich
dir,
dass
du Glück hättest, dass dich nicht treffe bei den Soldaten, denn
warum,
jetzt
sind wir schon 3 unserer Brüder heraus und du wärest der 4 te
und der
erste
war ich den das Schicksal getroffen hat und sollen wir
verunglücken
werden
was haben wir man hofft zwar nicht und soll es auch nicht sagen
aber
es
kann der Fall sein.
Ich
bin jetzt schon so und so oft im Gefecht gewesen und noch immer
glücklich
durchgekommen.
Ich kann auch unserm Herrgott und unserer lieben Frau nicht
genug
danken, dass ich an Gnade, Natur und Gesundheit erhalten hat
noch
bisher.
Ich beschließe jetzt mein
Schreiben und
wünsche dir alles
Gute und
ein inniges
Lebewohl. Vergissmennicht und ein baldiges Wiedersehen
und den
Frieden.
Es
grüßt dich dein treuer Bruder
Kasimir
Jocher